Institut für methodische Schießlehre
Sicherheit - Grundlagen - Waffen
Blogartikel
Präzision ist kein Zufall.
Jeder - nicht nur der waidgerechte - sichere Treffer beginnt lange bevor der Schuss überhaupt bricht.
Er beginnt mit dem Verstehen und Beherrschen der vier Grundlagen, die ALLE Schützen auf jeder Distanz und in jeder Situation beherrschen müssen: egal, ob ich als Jäger auf einen Hochsitze geklettert bin, als Sportschütze ein Startsignal gehört habe oder ob ich als Einsatzkraft eine Tür eingetreten habe - im Augenblick der Schussabgabe treffen sich alle Schützen an der gleichen "Startposition" wieder und müssen dieselben Schritte ausführen.
In einer fundierten Kurzwaffenausbildung (oder eigentlich jeder fundierten Schiessausbildung) sollten die vier Grundfertigkeiten im Mittelpunkt stehen (in den USA und in der Schweiz tun sie das auch standardisiert).
Warum? Ganz einfach: sie bilden das stabile Fundament für erfolgreiches Treffen – und sind unabhängig von Waffe, Entfernung oder der jeweilige Disziplin universell gültig.
Das Visierbild ist die gezielte Ausrichtung der Waffe mithilfe einer Methode. Diese Methode kann eine Visierung sein – sei es Kimme und Korn, eine Schiene, ein Rotpunktvisier oder ein Zielfernrohr - oder auch eine wiederholbare Körperposition, bei der ich mit Hilfe von Referenzpunkten methodisch eine wiederholbare Position mit der Waffe herstelle.
Es geht darum, die Mündung systematisch und wiederholbar ausrichten zu können – noch bevor das Ziel ins Spiel kommt!
Ein sauberes, systematisch hergestelltes Visierbild schafft die Voraussetzung für präziser Treffen – und sollte ein zentrales Thema in jeder hochwertigen Schiessausbildung sein. Präzision entsteht durch Wiederholbarkeit, weshalb die Fähigkeit wiederholt ein sauberes Visierbild aufbauen zu können - also zu wissen wie die Visiereinrichtung überhaupt funktioniert - ein absolutes MUSS ist.
Zum Merken:
Kimme und Korn = Korn scharf (Front Sight Fokus als Basis bevor wir zu weiteren Varianten kommen)
Rotpunkt = Ziel scharf (sog. Target Fokus)
Zielfernrohr = Ziel scharf (Target Fokus)
Schiene bei Flinte: Target Fokus
Der Haltebereich beschreibt den Bereich, in den der Schütze sein Visierbild (bewusst) projiziert, um das Ziel sicher dort zu treffen, wo er es treffen will oder muss.
ACHTUNG: Innerhalb dieses Haltebereichs wird die natürliche, minimale Bewegung akzeptiert werden müssen – anstatt gegen sie zu kämpfen! Dies ist einer der häufigsten Fehler von Schützen: das "auf einem Punkt" abdrücken wollen.
Wer seinen Haltebereich kennt und kontrolliert, entwickelt eine neue Art von Genauigkeit und Präzision – und lernt, auch unter Stress sicher zu treffen. Dabei hilft folgende Merksatz:
"Wenn sich im Augenblick des Knalls das Visierbild im korrekten Haltebereich befindet, dann wird dort auch das Projektil einschlagen." Der Treffer ist lediglich eine Konsequenz, kein Zufall.
In einer modernen Kurzwaffenausbildung ist das Verständnis für den Haltebereich im Zusammenspiel mit dem Visierbild unverzichtbar.
Ein genauer Schuss mit präzisen Folgeschüssen entsteht nicht durch Hast oder Gewalt – er wird unterstützt sondern durch eine saubere Betätigung des Abzugs. Was heisst hier "sauber"?
Der Druck auf das Abzugszüngel sollte kontrolliert aufgebaut werden, ohne den Schuss zu erzwingen zu wollen und dadurch zu "verreißen". Was bedeutet das immer wieder gelesene oder gehörte "verreissen" eigentlich?
Es bedeutet, dass der Schütze durch seine Abzugsbetätigung das Visierbild aus dem Haltebereich "gerissen" hat - nicht mehr und nicht weniger.
Den Abzug überhaupt zu betätigen, ist ein notwendiger Schritt - ohne Abzug kein Knall. Er sollte jedoch so betätigt werden, dass sich dabei das Visierbild nicht aus dem Haltebereich herausbewegt. Gleichmässig und ruckfrei bietet sich hier an.
In einer professionellen Schiessausbildung wird genau dieses Verständnis trainiert: den Abzug als letzten, kontrollierten Schritt einer sauberen Schussabgabe zu beherrschen.
Nachzielen bedeutet, die Waffe und das Visierbild auch nach dem Schuss stabil zu halten.
Kein hastiges Absinken lassen der Waffe, keinen Kontrollverlust akzeptieren – ruhiges, bewusstes Beenden der Schussabgabe mit einem weiteren Visierbild im Haltebereich. Nur so werden auch schnelle Folgeschüsse möglich, die ihr Ziel treffen wo sie es treffen sollen.
Dieser oft unterschätzte Schritt sollte ebenfalls in jeder hochwertigen (Kurz-)Waffenausbildung gezielt trainiert werden, um die Schüsse reproduzierbar und sicher zu gestalten.
Ob bei der Drückjagd, auf dem Schießstand, in der jagdlichen Praxis, beim Wettkampf oder im Einsatz:
Die vier Grundfertigkeiten – Visierbild, Haltebereich, Abzugsbetätigung und Nachzielen – entscheiden darüber, ob ein Schütze (waidgerecht) trifft oder nicht. Vor allem aber, ob er es wiederholbar machen kann - oder ob es Glück ist. Glück und Hoffnung haben bei der Schussabgabe jedoch nichts verloren, weshalb eine methodische und systematische Herangehensweise hier nicht zu ersetzen ist.
Eine durchdachte, praxisnahe Schiessausbildung vermittelt also nicht nur Technik, sondern legt genau dieses Fundament durch das notwendige Verständnis: Bewusst handeln, reproduzierbar treffen, Verantwortung übernehmen.
Wer seine Grundlagen festigt, legt den Grundstein für nachhaltigen Erfolg.
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ÜBER DEN AUTOR
Christian Bender
Christian Bender ist Experte für Resilienztraining und stressresistente Waffenhandhabung. Er ist seit 1994 Jagdscheininhaber, zertifizierter Schiessausbilder und u.a. Mitglied der "International Association of Law Enforcement Firearms Instructors" IALEFI. Christian Bender hat bereits zahlreiche Fachartikel und Vorträge zu den Themen Waffenhandhabung, Schiesstechnik, Ballistik und vielen anderen, relevanten Themengebieten verfasst, in denen er sein Wissen und seine Expertise geteilt hat.
Durch diesen Blog kannst Du von seinem geballten Wissen und von seinen fast 30 Jahren Erfahrung in den Bereichen Jagd und praktische Schießausbildung profitieren.
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